Kommentar |
Der Tractatus logico-philosophicus, 1920 veröffentlichtes Frühwerk und zugleich Hauptwerk Wittgensteins, stellt in 66 Seiten das extrem konzentrierte Ergebnis der logischen Arbeiten des Philosophen dar – und geht am Ende über die Logik hinaus.
Ausgehend von Russels und Freges damals neuen Errungenschaften im Bereich der Logik, die er kritisch rezipiert, baut Wittgenstein seine Abhandlung in sieben Etappen auf, durch die er in knappen, aphoristischen Behauptungen marschiert, um die Frage der Natur der Sätze und des Status der Logik, dadurch aber auch die Frage des Verhältnisses von Welt und Sprache, zu erforschen. Seine Bildtheorie der Sprache, seinen logischen Atomismus und seine Auffassung des Gedankens als sinnvoller Satz drückt er in der asketischen Form der formalen Logik aus.
Dadurch berührt er aber auch ganz andere Fragen: Was der Status wissenschaftlicher Theorien gegenüber demjenigen ästhetischer und ethischer Ansätze ist? Wie metaphysische Fragen wie die des Solipsismus oder des Realismus zu regeln sind? Ob die Welt einen sagbaren Sinn hat? Dabei nützt die scharfe Trennung von Sagen und Zeigen dazu, die Grenzen des Sagbaren und also auch des Unsagbaren anzudeuten – dies aber im Rahmen einer Untersuchung, die immer stringent sprachintern bleibt.
Die wegen ihrer aphoristischen Form schwer zugängliche Abhandlung soll anhand zentraler Passagen erläutert werden. Vorkenntnisse in formaler Logik sind erwünscht.
|
Literatur |
ZU WITTGENSTEIN UND DEM TRACTATUS (IN DER ORDNUNG DER ENTDECKUNG)
Wittgenstein, Ludwig, Tractatus logico-philosophicus, Suhrkamp 12.
Monk Ray, Ludwig Wittgenstein: The Duty of Genius, Vintage, 1991. dt.: Das Handwerk des Genies, Klett-Cotta, 2004.
McGinn, Marie, Elucidating the Tractatus, Clarendon Press, 2006.
Schulte Joachim (Hrsg.), Texte zum Tractatus, Suhrkamp, 1989.
Vossenkuhl, Wilhelm (Hrsg.), Ludwig Wittgenstein, Tractatus logico-philosophicus, Akademie Verlag, 2001. (Klassiker Auslegen).
Morris Michael, Wittgenstein and the Tractatus Logico-Philosophicus, Routledge, 2008.
Crary, Alice, The New Wittgenstein, Routledge, 2000.
EINFÜHRUNGEN IN DIE FORMALE LOGIK
Oberschelp, Logik für Philosophen, Metzler, Kap. I.
Zoglauer, Einführung in die formale Logik für Philosophen, Vandhoeck & Ruprecht, 2008, Kap. 1-5.
|
Voraussetzungen |
Vorkenntnisse in formaler Logik sind erwünscht. Wer keine hat, kann sie vor Anfang des Kurses anhand der bibliographischen Anweisungen erwerben.
Die Teilnahme am Seminar setzt die Bereitschaft zum vorbereitenden und kontinuierlichen Textstudium voraus. Es wird erwartet, daß sich die Studierenden (ab zweites Studiensemester) vor Veranstaltungsbeginn Kenntnisse über den Referenztext aneignen und diesen für jede Sitzung, dem Semesterplan entsprechend, sorgfältig studieren.
Zum Studium der Philosophie gehört ebenso die Einübung in die Artikulation philosophischer Argumentationen in Wort und Schrift, die in den Seminaren praktiziert wird. Die Teilnahme an der ersten Sitzung des Seminars ist obligatorisch. |